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Wahrnehmung 4.0

By 5. September 2017Juni 25th, 2021Blog

Digitalisierung und künstliche Intelligenz.
Das Thema ist allgegenwertig. Dabei haben wir stets die Vision von kleinen, verkabelten Blechbüchsen im Kopf, die uns in naher Zukunft den Kaffee ans Bett bringen. Doch Digitalisierung ist längst nicht mehr nur im Außen. Sie ist bereits im Innenleben des Homo sapiens selbst angekommen.

Neulich kam meine Freundin Beate zu mir. Sie hatte so ein Arm-Bändchen um. Ein Geschenk Ihres Mannes: Du kennst diese Bändchen? Die Biodaten des Trägers sammeln und dann eine Empfehlung geben, wann zu Essen zu Schlafen oder Sport zu treiben ist?

Also das, was wir als Kleinkinder mühevoll erlernten, selbst zu erkennen, wird noch vor der Altersdemenz outgesourced. Statt des Sandmännchens kommt zu den digitalen vernetzten Erwachsenen der künstlich erzeugte Nachtgong. 22.30 Uhr- Licht aus –  Schlafen … oder so.

Doch zurück zu meiner Freundin. Sie trägt dieses Band und ist total begeistert: die bunten Apps, mit denen so herrlich gespielt werden kann; kein Nachdenken mehr, ob zu viel oder zu wenig gegessen, zu viel oder zu wenig Eisen im Blut ist. Viele zentrale Fragen des Lebens kann sie jetzt mit Leichtigkeit beantworten. Nur ein Blick auf die bunte, schillernd blinkende Anzeige ihres Bandes und sie weiß, ob sie Hunger oder Durst hat, kennt ihr Schlafdefizit, die Harnstoff-Konzentration im Pipi, und weiß wie groß die Gefahr ist, in den nächsten 5 Minuten unheilbar an Fußpilz zu erkranken.

Sie und ihr Mann Holger stritten sich früher oft. Jetzt, dank!!!!  des Bändchens nicht mehr. Früher hatte Holger ihr gesagt, wann es Zeit war ins Bett zu gehen, doch heute ist Beate eine selbstständige Frau, die sich nichts sagen lässt, schon gar nicht von jemandem, der ihre Biodaten nicht kennt.

Am vergangenen Montag kam sie ganz aufgeregt zu mir – ihr Armband sagte:
„heute Sex“
Sie rasierte sich die Beine, hobelte die Hornhaut weg und kochte sein Lieblingsessen. Als Holger von der Arbeit nach Hause kam räkelte sich Beate halb nackt vor dem Kamin auf dem Bärenfell Er war verdutzt. „Was ist hier los?“ fragte er. Er öffnete die App seines „Digi-Bändchens“: und dort stand bei heute: ———-„kein Sex“.

Jetzt sitzen die zwei seit einer Woche auf dem Bärenfell, sie im Negligé, er im Anzug und warten auf die Antwort der Hotline.

Digitalisierung
Und führe mich nicht in Versuchung…
Alle meine Sinne sammeln in` ner App?
Am Ende bin ich der Depp!

„Wo steuert er hin, der Homo ( pseudo) intellektus?“

Ich lese in der Zeitung: Unternehmen haben schon längst den Nutzen für sich entdeckt. Physische und psychische Überwachung der Mitarbeiter – „wie geil wäre das denn?“, muss sich wohl einer gedacht haben –  Gesagt getan! Wer sich als Mitarbeiter bereit erklärt ein Biodaten fressendes Bändchen zu tragen, dem winkt am Jahresende ein Bonus. Und auch bei der Krankenkasse lässt sich so eine Beitragsrückerstattung erreichen. Bändchen an – Daten an die Krankenkasse und bei guter Führung: „tadaaa…..“ – Gut, dass so viele käuflich sind.

„Was lässt der Homo digitalis denn noch alles mit sich machen?“

Kleine Mikroprozessoren, liebevoll Chips genannt, wahrscheinlich in Anlehnung an die Chio Chips vorm Fernseher, werden Mitarbeitern unter die Haut implantiert. Freiwillig natürlich! — natürlich, doch für alle die in der Firma weiter arbeiten wollen Pflicht.

Nützlich sind sie ja schon, diese Chips.
Einmal eingepflanzt öffnen sich, die für den Träger autorisierten Türen im Firmengebäude, ganz automatisch. Kein lästiges Suchen nach dem Firmenausweis, kein dicker Schlüsselbund, der die eng geschnittene Hose ausbeult. Heute eine Beförderung, zack geht eine neue Tür auf.

Cooles Sicherheitssystem. Einfach neu programmiert – fertig in Sekunden. Stolz sind Einige, Vorreiter und Teil einer neuen Ära der Entwicklung zu sein. Also wie gesagt nützlich sind diese Chips ja schon, für … für wen eigentlich? Wenn Daten so mir nichts dir nichts in Sekundenschnelle hochgeladen werden können … dann liegt die Frage auf der Hand: „Was kann da noch so alles drauf programmiert werden….? —— Nein —– Stefanie du bist keine Verschwörungstheoretikerin, … aber! –   Schluss jetzt! –  ich schweife ab.

Also in Zukunft Chipträger statt Schlipsträger! Sind Chips die unter die Haut gehen und biodatensammelnde Bändchen am Handgelenk das neue „Must Wear“ der Arbeitswelt? Scheint so, George Orwell lässt grüßen.

Digitalisierung
Und führe mich nicht in Versuchung
Alle meine Sinne sammeln in ner App?
Am Ende bin ich der Depp!

Wenn uns das Smartphone also sagt, wann wir müde, hungrig oder durstig sind, und wir Chips unter der Haut tragen, die in Windes Eile umprogrammiert werden können, dann drängt sich die Frage auf:

„Was passiert da gerade mit Mensch und Maschine?“
Gehen wir das mal durch: Wie ist das denn so, wenn man outsourced?

Man gibt ab – lässt es andere erledigen – raus aus dem Fokus – raus aus der Verantwortung

Outsourcen funktioniert bei Hotlines schon mal nicht! – zumindest nicht für die Kunden, für die es im Grunde gedacht war. Doch wie ist das bei uns selbst?

Die Wahrnehmung der eigenen Grundbedürfnisse aus der Hand geben und „andere“ machen lassen? So wie die Wahrnehmung durch Fokussieren gesteigert werden kann, so funktioniert der Prozess auch umgekehrt.

Alles was nicht genutzt wird, wird abgeschafft. Das ist ein Naturgesetz. So wie das Bein auch immer dünner ist als das andere, wenn nach 6 Wochen der Gips abkommt. Die lahmgelegte Muskulatur wird reduziert, weil keine Impulse mehr kommen. Ein „Nicht Nutzen“ führt unweigerlich zu einer Verschlechterung der Wahrnehmung. Verschlechterung einer Fähigkeit durch krankhafte Veränderungen heißt laut Medizinhandbuch: Degeneration. Hausgemachte Degeneration also!

„Die eigene Wahrnehmung verkümmert?
Klingt irgendwie nicht zukunftstauglich. Und wenn die eigene Wahrnehmung abgebaut wird— wie sieht es dann mit der Wahrnehmung der Mitmenschen aus?“

Gut, — dann ist Platz für noch mehr Achtsamkeitstrainings – Memo an mich selbst: vielleicht sollte ich Umschulen?

Erinnerungen aus der Kindheit werden wach.
Tamagotschi – schießt es mir in den Sinn.
Du erinnerst Dich noch an das aus Japan stammende Elektrospielzeug? Ein hässliches, virtuelles Plastik-Küken mit Weltruhm. Nach dem Schlüpfen musste man sich um das Tamagotchi wie um ein echtes Haustier kümmern, seine Bedürfnisse befriedigen: essen, trinken, frisch machen und ab und an kuscheln, so wie im echten Leben … eines Homo humanis.

Alles per Knopfdruck, ein Mausklick und alles ist anders.

Wohin führt die „easy pisi, das ist cool, das ist hipp“ – Mentalität, mit der wir bereitwillig Digitalisierung in unser Leben einladen? Um am Ende des Prozesses möglicherweise selbst ein Tamagotchi geworden zu sein. Im Inneren

„Wer drückt die Knöpfe und zieht dann bei uns die Fäden?“

Werden wir in Zukunft einfach nur intelligenten Maschinen immer ähnlicher, oder auch noch leichter programmierbar/ manipulierbar? Vielleicht sind bald schon die Maschinen überflüssig geworden, dann, wenn auf uns der Sticker klebt:

Mensch 4.0: Tamagotchi inside!
Wie im Innen, so im Außen.
Dann ist die künstliche Intelligenz in uns selbst angekommen.
Doch nur, wenn wir es zulassen.
Wir entscheiden:

Wie soll die Nachwelt uns nennen: Homo stupido?  Oder
Homo intellektus?

Digitalisierung
Und führe mich nicht in Versuchung
Alle meine Sinne sammeln in ner App?
Am Ende bin ich der Depp!

Deine Stefanie
Re-Evolution-Code

 

 

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